Windkraft in Mörlen: Chancen und Konflikte zwischen Energiewende, Naturschutz und Anwohnerinteressen
Im Westerwald ist die Diskussion um den Bau neuer Windenergieanlagen (WEA) erneut entbrannt. Bei Mörlen, einer kleinen Gemeinde im nördlichen Westerwaldkreis, sollen drei moderne Windräder entstehen. Mit einer Gesamthöhe von bis zu 250 Metern und einer Nennleistung im Megawatt-Bereich könnten sie rein rechnerisch Tausende Haushalte mit erneuerbarem Strom versorgen. Doch während Befürworter auf den Klimaschutz und die wirtschaftlichen Vorteile verweisen, warnen Kritiker vor gravierenden Eingriffen in Natur, Landschaft und Lebensqualität.
Pro-Argumente: Klimaschutz, regionale Wertschöpfung, Versorgungssicherheit
Die Befürworter argumentieren, dass der Standort im Westerwald aufgrund der Windverhältnisse besonders geeignet sei. Nach Berechnungen des Investors könnten die Anlagen jährlich mehrere Gigawattstunden Strom ins Netz einspeisen – ein Beitrag, um den Anteil fossiler Energien zu senken und die Klimaziele zu erreichen.
Auch wirtschaftliche Effekte werden angeführt: Die Kommune könnte durch Gewerbesteuereinnahmen und langfristige Pachtverträge profitieren, Grundstückseigentümer würden regelmäßige Einnahmen erzielen. Die Energiewende biete so auch in strukturschwachen Regionen neue Einnahmequellen und Perspektiven.
Kritik und Einwände: Artenschutz, Landschaftsbild, Gesundheit
Die Gegner des Projekts sehen vor allem ökologische Risiken.
Artenschutzgutachten weisen auf das Vorkommen windkraftsensibler Arten hin, darunter Rotmilan, Schwarzstorch und mehrere Fledermausarten wie die Mopsfledermaus. Diese Arten sind durch EU- und Bundesrecht streng geschützt.
Besondere Sorge bereitet die Lage im Zug- und Jagdgebiet dieser Tiere – hier könnten Rotoren tödliche Kollisionen verursachen.
Auch das Landschaftsbild steht im Fokus: Die imposante Höhe der Anlagen würde weit über das bestehende Relief hinausragen und den Charakter der offenen Westerwaldlandschaft verändern. Für Anwohner und Touristen könnte dies als Störung empfunden werden.
Nicht zuletzt werden mögliche gesundheitliche Belastungen durch Schall und Infraschall diskutiert. Obwohl die gesetzlich zulässigen Grenzwerte laut Planungsunterlagen eingehalten werden sollen, verweisen Kritiker auf Studien, die Langzeitwirkungen auf den Menschen untersuchen.
Technische Eckdaten und Planung
Die geplanten WEA sind Anlagen der neuesten Generation mit einer Nabenhöhe von etwa 160 Metern und Rotorblättern von rund 90 Metern Länge. Damit lassen sich auch bei schwächeren Windverhältnissen höhere Stromerträge erzielen. Die Steuerungstechnik kann Fledermaus- und Vogelflugzeiten berücksichtigen, indem sie die Rotoren zu bestimmten Zeiten stoppt – allerdings ist umstritten, wie wirksam diese Abschaltungen in der Praxis sind.
Rückbau in der Zukunft: Eine unterschätzte Herausforderung
Kaum thematisiert in der öffentlichen Debatte ist der Rückbau. Nach 20 bis 25 Jahren Betriebszeit müssen Windkraftanlagen abgebaut werden. Während der Turm vergleichsweise leicht zu recyceln ist, bleiben die tonnenschweren Betonfundamente, die bis zu 20 Meter tief im Boden liegen können. Eine vollständige Entfernung ist technisch möglich, aber aufwendig und teuer – in vielen Fällen werden Fundamente teilweise im Erdreich belassen. Dies kann langfristige Folgen für Bodenbeschaffenheit, Grundwasser und Renaturierung haben.
Blick in die Region: Vergleichsprojekte
Erfahrungen aus benachbarten Kommunen im Westerwald und Siegerland zeigen ein gemischtes Bild: Manche Gemeinden profitieren von zusätzlichen Einnahmen, andere erlebten langwierige Genehmigungs- und Gerichtsverfahren. Teilweise wurden Projekte aufgrund artenschutzrechtlicher Bedenken gestoppt oder nur mit erheblichen Auflagen genehmigt.
Fazit: Entscheidung mit Tragweite
Das Vorhaben in Mörlen steht exemplarisch für die zentrale Frage der Energiewende: Wie lassen sich Klimaschutz, wirtschaftliche Chancen und der Schutz von Natur und Landschaft miteinander in Einklang bringen? Die endgültige Entscheidung wird nicht allein auf Grundlage technischer Daten fallen, sondern auch politisch, juristisch und gesellschaftlich ausgehandelt werden.
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