Neuorganisation der Tierkörperbeseitigung: Was sich für den Rhein-Lahn-Kreis ändert
Von 2halb3 – unabhängiger Regionaljournalismus für Rhein, Lahn und Westerwald
Die Tierkörperbeseitigung in Rheinland-Pfalz steht vor einem grundlegenden Wandel. Ab dem 1. Januar 2026 soll ein neues Modell greifen, das auch für den Rhein-Lahn-Kreis spürbare Folgen hat. Grund ist ein Sanierungsstau an der Verarbeitungsanlage in Rivenich und die Entscheidung, die Tierkörper künftig in Baden-Württemberg zu entsorgen.
Rivenich wird zur Umladestation
Die Anlage in Rivenich gilt zwar als funktionstüchtig, ist aber überdimensioniert und stark sanierungsbedürftig. Schätzungen zufolge wären mindestens 10 Millionen Euro Investitionen notwendig, um sie für weitere zehn Jahre fit zu machen. „Das ist wirtschaftlich nicht tragbar“, erklärt Manfred Schnur, Vorsitzender des Zweckverbands Tierische Nebenprodukte Südwest. Deshalb soll Rivenich künftig nur noch als Umladestation genutzt werden – die eigentliche Verarbeitung entfällt.
Reckenroth im Fokus
Für den Rhein-Lahn-Kreis hat die Neuorganisation eine besondere Bedeutung: Als neuer Umladeplatz für Container ist der Standort Sandersmühle bei Reckenroth vorgesehen. Von dort sollen die Tierkörper weitertransportiert werden, vor allem nach Hardheim im Neckar-Odenwald-Kreis (Baden-Württemberg). In Sembach (Kreis Kaiserslautern) wird dagegen eine bestehende Umladestation aufgegeben.
Mitgliedschaft in Baden-Württemberg
Um die Entsorgung wirtschaftlicher zu gestalten, will der Zweckverband Südwest dem Zweckverband Neckar-Franken in Baden-Württemberg beitreten. Eine Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC kommt zu dem Ergebnis, dass dadurch die Gesamtkosten um rund ein Drittel gesenkt werden könnten. Auch im Seuchenfall sollen die Kapazitäten in Hardheim ausreichen.
Kosten und Finanzierung
Für Landwirte im Rhein-Lahn-Kreis gilt weiterhin die bekannte Drittellösung: Die Kosten der Tierkörperbeseitigung werden zu gleichen Teilen getragen von
- dem Land Rheinland-Pfalz,
- dem Zweckverband Tierische Nebenprodukte Südwest,
- sowie der Tierseuchenkasse, die sich über Beiträge der Tierhalter finanziert.
Eine Veränderung bei den Gebühren ist daher zunächst nicht vorgesehen. Dennoch wird diskutiert, ob die längeren Transportwege künftig Zusatzkosten verursachen könnten.
Auswirkungen auf Beschäftigte
Während am Standort Rivenich Stellen in Produktion und Verwaltung wegfallen, entstehen an den Umladestationen – darunter in Reckenroth – neue Jobs, insbesondere für Lkw-Fahrer, Techniker und Betriebspersonal. Laut Schnur sollen betroffene Beschäftigte nach Möglichkeit in benachbarten Betrieben wie Kläranlagen oder in der Abfallwirtschaft eingesetzt werden.
Politische Rahmenbedingungen
Die Landesregierung verweist auf ihren Koalitionsvertrag, in dem eine zukunftsfähige und wettbewerbsfähige Ausgestaltung der Vieh- und Fleischwirtschaft zugesagt wird. Dazu gehört auch, Entsorgungsmöglichkeiten in anderen Bundesländern oder EU-Nachbarländern zu prüfen. Für die Neuorganisation braucht es noch eine Gesetzesänderung in Rheinland-Pfalz sowie einen Staatsvertrag zwischen Baden-Württemberg, Saarland, Rheinland-Pfalz und Bayern.
Fazit
Für den Rhein-Lahn-Kreis bedeutet die Neuorganisation einen klaren Wandel: Statt Verarbeitung vor Ort rückt Reckenroth als neuer Logistikstandort in den Mittelpunkt. Die eigentliche Entsorgung der Tierkörper erfolgt künftig außerhalb des Landes. Während dies wirtschaftliche Vorteile bringen soll, bleibt abzuwarten, wie sich die Veränderungen langfristig auf Kosten, Arbeitsplätze und die regionale Landwirtschaft auswirken.