Ludwigshafens OB Steinruck bedankt sich bei „Netzwerk gegen Joachim Paul“ – was hinter dem Streit um „Antifa“, Spenden & NGO-Förderungen steckt
Worum es geht
In Ludwigshafen sorgt die nicht zugelassene Kandidatur des AfD-Landtagsabgeordneten Joachim Paul für die OB-Wahl am 21. September 2025 für massiven Streit. Neue Berichte zeigen: Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck (parteilos, zuvor SPD) stand kurz vor der Entscheidung des Wahlausschusses mit einem zivilgesellschaftlichen Bündnis in Kontakt, das sich ausdrücklich gegen Paul formiert hatte – und bedankte sich in einer E-Mail für dessen „Engagement“. Über diese Mail berichteten zuerst NIUS und anschließend Apollo News; unabhängige Redaktionen vor Ort haben den Ausschluss und die politische Auseinandersetzung rundherum bestätigt. NiUS.deApollo NewsMannheimer Morgent-online
Der Stand der Dinge (Zeitstrahl)
- 6.–7. August 2025: Der Wahlausschuss der Stadt Ludwigshafen schließt Joachim Paul wegen „Zweifeln an der Verfassungstreue“ von der OB-Wahl aus. Regionale Medien berichten, zudem wird ein Schreiben des rheinland-pfälzischen Verfassungsschutzes erwähnt. Mannheimer Morgen
- 7.–8. August 2025: In sozialen Medien feiern Unterstützer:innen des „Netzwerks gegen Joachim Paul“ den Ausschluss; diverse Posts dokumentieren die Kampagne. Instagram+2Instagram+2
- 18. August 2025: Das VG Neustadt lehnt Pauls Eilantrag ab; der Ausschluss bleibt bis auf Weiteres bestehen. t-online
- 19. August 2025: Die Jüdische Allgemeine berichtet über den Ausschluss und weist zugleich auf Falschbehauptungen gegen Steinruck hin. Jüdische Allgemeine
- 20. August 2025: NIUS/Apollo veröffentlichen die Story zur Danksagungs-E-Mail der OB an das Netzwerk. (Eine offizielle Stellungnahme der Stadt zur E-Mail war in den von uns geprüften Quellen bis Redaktionsschluss nicht auffindbar.) NiUS.deApollo News
Was ist dieses „Netzwerk gegen Joachim Paul“?
Das Netzwerk ist ein loses Bündnis lokaler Gruppen und Einzelpersonen, das sich mit dem Ziel gegründet hat, Pauls Wahl zu verhindern. Es tritt vor allem über Instagram in Erscheinung („Kein AfD-Bürgermeister für LU!“) und verlinkt auf Aktionen, Treffen und Medienberichte. Dass es sich um kein formal eingetragenes Gebilde handelt, deckt sich mit der generellen Beobachtung: „Antifa“ ist in Deutschland keine einheitliche Organisation, sondern ein Sammelbegriff – mit demokratischem Engagement ebenso wie mit linksextremistischen Strömungen. Das Bundesamt für Verfassungsschutz beschreibt „Antifa“ im linksextremistischen Kontext als Aktionsfeld ohne bundesweit feste Struktur. InstagramBundesamt für Verfassungsschutz
Hat sich die OB „bei der Antifa“ bedankt?
Die publizierte Mail, auf die sich NIUS/Apollo beziehen, richtet sich an das „Netzwerk gegen Joachim Paul“ (Selbstbezeichnung des Bündnisses). Ob und inwieweit dort Akteure aus einem „Antifa“-Milieu beteiligt sind, ist nicht einheitlich festzustellen – schon weil „Antifa“ kein rechtlicher Träger ist. Fakt ist: Die OB bedankte sich laut Berichten für das „Engagement“ des Netzwerks; zugleich hatte sie – ebenfalls belegt – Behörden (Innenministerium/ADD) um Einschätzungen zu Pauls Verfassungstreue gebeten. Die gerichtliche Zwischenentscheidung zum Ausschluss stützt sich jedoch nicht auf Instagram-Posts, sondern auf das Wahlprüfungsverfahren bzw. dessen Formalien. NiUS.deApollo Newst-online
„SPD-Spenden an die Antifa“ – was davon stimmt?
Die häufig geäußerte Behauptung, die SPD als Partei spende „an die Antifa“, findet keine belastbaren Belege in den offiziellen Spendenverzeichnissen und Veröffentlichungen der Bundestagsverwaltung, die große Zuwendungen transparent machen. Parteien erhalten Spenden – sie verteilen nicht regulär Parteigelder an lose Bündnisse. Deutscher Bundestagabgeordnetenwatch.de
Worauf sich der Vorwurf oft bezieht, sind staatliche Förderprogramme wie „Demokratie leben!“ (BMFSFJ). Diese finanzieren seit Jahren zivilgesellschaftliche Projekte gegen Extremismus und für Demokratiearbeit. Kritiker (u. a. aus CDU/CSU und konservativen Medien) monieren, dass darunter auch Initiativen aus einem „Antifa-nahen“ Umfeld profitiert hätten; Befürworter verweisen darauf, dass es um Beratung, Prävention und Ausstiegsarbeit geht – nicht um die Förderung gewaltorientierter Gruppen. Die Debatte ist politisch aufgeladen, aber das ist etwas anderes als „SPD-Spenden an die Antifa“. Bundesprogramm „Demokratie leben!“Deutscher BundestagDIE WELT
Zur Einordnung: Einzelne SPD-Politiker:innen haben sich öffentlich symbolisch mit „Antifa“ als Haltung („gegen Faschismus“) identifiziert – prominent Saskia Esken 2020 –, was Kritiker regelmäßig als Beleg anführen. Ein finanzieller Transfer der Partei an „die Antifa“ ist damit nicht belegt. DIE WELT
Offene Fragen
- Transparenz zur Mail: Hat die Stadt die Echtheit sowie den Kontext der Danksagungs-E-Mail offiziell bestätigt, eingeordnet oder dementiert? (In unseren Recherchen war bis heute keine städtische Stellungnahme auffindbar.) NiUS.deApollo News
- Rolle des Netzwerks: Welche Personen/Organisationen stehen konkret dahinter? (Instagram zeigt Aktivität, aber keine rechtsverbindliche Trägerstruktur.) Instagram
- Rechtsgrundlage des Ausschlusses: Das VG ließ die materiellen Fragen zur Verfassungstreue im Eilverfahren offen – diese klären sich erst im Wahlprüfungsverfahren. t-online
Einordnung
- Dass eine amtierende OB Hinweise zivilgesellschaftlicher Akteure sammelt und an Behörden weiterleitet, ist politisch heikel, aber nicht per se rechtswidrig – entscheidend ist, ob die Entscheidungsgremien rechtmäßig handelten. Das klären Gerichte. Mannheimer Morgent-online
- „Antifa“ ist kein Förderverein, an den Parteien mal eben spenden. Die staatliche Förderung von Demokratie-Projekten ist legitim, steht jedoch regelmäßig in der Kritik, wenn einzelne Träger als politisch einseitig wahrgenommen werden. Bundesprogramm „Demokratie leben!“Deutscher BundestagDIE WELT
Quellen (Auswahl)
- Mannheimer Morgen: Verfassungsschutz-Brief zu Paul; Berichterstattung über Ausschluss. Mannheimer Morgen
- t-online: VG Neustadt weist Eilantrag ab (18.08.2025). t-online
- Jüdische Allgemeine: Überblick, Falschbehauptungen gegen Steinruck (19.08.2025). Jüdische Allgemeine
- NIUS/Apollo: Berichte zur Danksagungs-E-Mail an das Netzwerk. NiUS.deApollo News
- Bundesamt für Verfassungsschutz: Hintergrund „Die Antifa“ – keine bundesweit feste Organisation. Bundesamt für Verfassungsschutz
- BMFSFJ-Programm „Demokratie leben!“ (offizielle Seite) und Bundestagsdokumentation; konservative Kritik in der Welt. Bundesprogramm „Demokratie leben!“Bundestag DserverDIE WELT
- Spenden-Transparenz (Bundestagsverwaltung, abgeordnetenwatch). Deutscher Bundestagabgeordnetenwatch.de
Transparenzhinweis der Redaktion (2halb3-News): Dieser Beitrag stützt sich auf öffentlich zugängliche Quellen (siehe oben). Für die behauptete Danksagungs-E-Mail liegt uns kein eigenständiger Primärnachweis der Stadt Ludwigshafen vor; wir haben die Darstellung deshalb den erwähnten Medien zugeschrieben. Sollten neue, belastbare Dokumente oder eine offizielle Stellungnahme verfügbar werden, aktualisieren wir den Artikel.