Stillstand im Fortschritt: Glasfaser ja – aber kein Anschluss
Schnelles Internet, flächendeckend und zukunftssicher – das war das große Versprechen, mit dem Politik und Wirtschaft in den vergangenen Jahren den Glasfaserausbau auch in den ländlichen Regionen von Rheinland-Pfalz und Hessen vorangetrieben haben. Doch zwischen Rhein, Lahn, Westerwald und dem hessischen Landkreis Limburg-Weilburg zeigt sich ein ernüchterndes Bild: Es wurde viel gegraben, gefördert und installiert – aber längst nicht alles funktioniert.
Fallbeispiel Dornburg (Hessen): Zwei Jahre warten auf das „Licht“
Besonders drastisch zeigt sich das Problem in der Gemeinde Dornburg im Landkreis Limburg-Weilburg. Dort wurden Glasfaserleitungen bereits bis in die Häuser und Wohnungen verlegt. In vielen Haushalten hängen die Anschlussdosen bereits an der Wand, teils sogar mit vorkonfigurierten Routern – doch der ersehnte Lichtsignal bleibt aus. Seit über zwei Jahren warten zahlreiche Anwohner vergeblich auf eine Aktivierung des Anschlusses.
Anfragen bei den ausführenden Unternehmen verlaufen ins Leere. Zuständigkeiten werden hin- und hergeschoben, Antworten bleiben vage oder ganz aus. Einige Betroffene berichten von dutzenden Telefonaten mit Servicestellen und E-Mails ohne Rückmeldung.
„Sie haben die Technik geliefert, aber das Netz nicht eingeschaltet – das ist, als würde man ein Auto liefern ohne Motor.“
– Betroffener aus Dornburg
Behördliche Lähmung und mangelnde Kontrolle
Ob in Dornburg, Montabaur, Diez oder Katzenelnbogen – der Eindruck gleicht sich: Die Kommunen wissen oft selbst nicht, wann und ob die Anschlüsse aktiviert werden. Kontrollmechanismen fehlen, regelmäßige Rücksprachen zwischen Gemeinden, Landkreisen und Netzbetreibern finden kaum statt. Bürger stehen zwischen den Stühlen und erhalten von keiner Stelle verlässliche Auskunft.
Fördermittel werden vergeben, Baufirmen beauftragt – aber wer kontrolliert, ob das Ergebnis auch funktioniert? Wer überprüft, ob Leitungen korrekt verlegt und angeschlossen wurden? In der Praxis offenbar: niemand.
Subunternehmen im Blindflug
Viele der Bauarbeiten werden von Subunternehmen mit Sitz außerhalb der Region ausgeführt. Das senkt die Kosten für die Betreiber, führt aber auch zu gravierenden Problemen: mangelnde Kommunikation, Sprachbarrieren, Ortsunkenntnis und fehlendes Verantwortungsgefühl.
In mehreren Gemeinden im Westerwald wurde beobachtet, dass Straßen wieder geöffnet wurden, weil die erste Verlegung fehlerhaft war. In Dornburg wiederum wurde ein ganzer Straßenzug doppelt angeschlossen – andere Häuser indes vergessen.
Politisches Schönreden statt technischer Realität
Von politischer Seite wird der Ausbau oft als Erfolg verkauft. In Pressemeldungen ist die Rede von „flächendeckender Versorgung“ oder „Rekordtempo beim Ausbau“. Doch auf die Realität der Bürger – fehlende Anschlüsse, monatelange Wartezeiten, inaktive Leitungen – wird dabei kaum eingegangen.
Insgesamt entsteht der Eindruck: Der Glasfaserausbau wurde als symbolisches Infrastrukturprojekt gestartet, ohne dass echte Planung, Kontrolle oder Nachbereitung erfolgten.
Fazit: Wenn Digitalisierung zur Hängepartie wird
Statt Fortschritt erleben viele Menschen im ländlichen Raum einen Rückschritt: Die Straßen sind aufgerissen, die Technik liegt bereit – doch das Netz funktioniert nicht. Während Millionen an Fördermitteln fließen, bleibt die Kontrolle auf der Strecke. Der ländliche Raum wird erneut zum digitalen Abstellgleis.
Hinweis an unsere Leser:innen
Warten auch Sie auf Ihren Glasfaseranschluss? Wurden bei Ihnen Fehler gemacht oder besteht Unklarheit über den Anschlusszeitpunkt? Schreiben Sie uns Ihre Erfahrungen – anonym oder namentlich, an redaktion@2halb3.de oder nutzen Sie unser Formular auf der Website unter „Beitrag einreichen“.
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