Skyline von Ludwigshafen bei Nacht mit Text: „Minister Ebling verhindert AfD-Kandidat – Demokratie in Gefahr?“ und Zitat von Joachim Paul: „Wählerbetrug“.

Was geschah in Ludwigshafen – und was bedeutet das für unser demokratisches Selbstverständnis?

Am 5. August 2025 sorgte der Wahlausschuss der Stadt Ludwigshafen für einen Paukenschlag: Der AfD-Kandidat Joachim Paul wurde nicht zur Oberbürgermeisterwahl zugelassen. Die Begründung: Zweifel an seiner Verfassungstreue. Die Entscheidung fiel mit 6:1 Stimmen – ohne Beteiligung eines AfD-Vertreters im Gremium. Auslöser war ein belastendes Dossier, das das rheinland-pfälzische Innenministerium unter SPD-Minister Michael Ebling geliefert hatte.

Die Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten. Während Unterstützer der Entscheidung von einem notwendigen Schutz der Demokratie sprechen, werfen Kritiker dem Minister und dem Wahlausschuss politisch motiviertes Ausschalten eines unliebsamen Kandidaten vor – und fordern, ob die Demokratie nicht gerade durch solches Vorgehen gefährdet wird.

Was warf das Ministerium Joachim Paul konkret vor?

Laut Medienberichten, unter anderem von Spiegel, Mannheimer Morgen und Rheinpfalz, enthielt das vom Innenministerium zusammengestellte Dossier:

  • Äußerungen Pauls in rechten Publikationen
  • Beiträge mit islamkritischen Inhalten
  • Kontakte zu Personen oder Gruppen aus dem neurechten Milieu
  • Zitate, die laut Ministerium „verfassungsfeindliche“ Einstellungen nahelegten

Diese Informationen wertete der Wahlausschuss als Anzeichen dafür, dass Paul nicht die erforderliche „Gewähr für die freiheitlich-demokratische Grundordnung“ biete – eine Voraussetzung für die Zulassung zu kommunalen Spitzenämtern.

Doch wie klar sind diese Maßstäbe? Und wie unabhängig war das Verfahren?

Rolle des Innenministers: Neutrale Instanz oder politische Einflussnahme?

Michael Ebling (SPD) ist als Innenminister oberster Dienstherr aller kommunalen Wahlämter. Damit trägt er besondere Verantwortung für Neutralität und Fairness im Wahlgeschehen.

Doch genau daran gibt es in diesem Fall massive Zweifel:

  • Das Ministerium verfasste ein wertendes, politisch gefärbtes Gutachten, das dem Wahlausschuss vorgelegt wurde.
  • Die Position Eblings war von Beginn an klar: Er hatte mehrfach öffentlich betont, dass Personen mit AfD-Hintergrund nicht tragbar seien für den öffentlichen Dienst – auch ohne gerichtliches Fehlverhalten.
  • Statt unabhängiger Expertise wurde eine behördliche Bewertung durch eine Ministeriumsabteilung geliefert.

Kritische Frage:

Hätte sich Ebling als Minister nicht zurückhalten müssen, um den Anschein politischer Einflussnahme zu vermeiden?

Ein solcher Vorwurf steht im Raum – und beschädigt das Vertrauen in demokratische Verfahren. Denn wenn ein parteipolitisch gebundener Minister de facto mitentscheiden kann, wer als Kandidat antreten darf und wer nicht, droht die Grenze zwischen Rechtsstaat und politischem Machtspiel zu verschwimmen.

Demokratiepolitische Dimension: Unschuldsvermutung ausgehebelt?

Die Entscheidung gegen Joachim Paul basiert nicht auf einem Gerichtsurteil oder einer strafrechtlichen Verurteilung, sondern auf Meinungsäußerungen, publizistischen Beiträgen und Kontakten.

Damit stellt sich die Frage:
Gilt hier nicht die Unschuldsvermutung? Und darf eine politische Einstellung allein zur Disqualifikation führen?

Die juristische Antwort:

  • Die Unschuldsvermutung gilt im Strafrecht.
  • Für öffentliche Ämter kann jedoch bereits der Zweifel an der Verfassungstreue genügen, um eine Ablehnung zu begründen – das sogenannte Gewähr-Erfordernis.
  • Dennoch bleibt die Auslegung dieses Erfordernisses hochgradig subjektiv – insbesondere wenn sie durch parteipolitisch geführte Ministerien erfolgt.

Stimmen für Joachim Paul: Wählerbetrug oder notwendiger Schutz?

Joachim Paul selbst bezeichnete den Ausschluss als „Wählerbetrug“:

„Die Bürgerinnen und Bürger von Ludwigshafen wurden um ihr demokratisches Wahlrecht gebracht. Der Wahlausschuss hat entschieden, dass sie nicht zwischen allen Kandidaten wählen dürfen – das ist ein Angriff auf die Demokratie.“

Auch AfD-Vertreter auf Landes- und Bundesebene kündigten rechtliche Schritte an. Die Fraktion der AfD im Bundestag spricht von einem “demokratischen Skandal“ und einem “Systemversagen“.

Auch unabhängige Beobachter äußern Kritik:

Der Verfassungsrechtler Prof. Dietrich Murswiek warnte bereits 2023 in einem ähnlichen Fall davor, die Verfassungstreueprüfung zur „politischen Waffe“ werden zu lassen.

War die Entscheidung rechtmäßig?

Ja, formal schon. Das kommunale Wahlrecht erlaubt es, Kandidaten nicht zuzulassen, wenn Zweifel an ihrer Loyalität zur Verfassung bestehen. Diese „Gewähr“ muss jedoch nachvollziehbar und verhältnismäßig geprüft werden – das sehen viele in diesem Fall nicht gewährleistet.

Doch ist sie auch politisch legitim?

Hier scheiden sich die Geister:

  • Befürworter sagen: Demokratie muss sich verteidigen. Wer mit demokratiefeindlichen Kräften sympathisiert, darf keine Macht erhalten.
  • Kritiker sagen: Demokratie darf ihre Gegner nicht mit undemokratischen Mitteln bekämpfen. Der Ausschluss von Wahlen ist das schärfste Mittel – und sollte sehr zurückhaltend eingesetzt werden.

Besonders brisant:

  • Die AfD hatte keinen Vertreter im Wahlausschuss, obwohl sie einen hätte benennen können. Das führte dazu, dass über ihren Kandidaten einseitig entschieden wurde, ohne Gegenstimme aus den eigenen Reihen.
  • Es liegt der Eindruck nahe, dass die Entscheidung politisch vorbereitet, beeinflusst und abgestimmt wurde – unter aktiver Beteiligung eines parteiischen Ministers.

Fazit: Demokratischer Selbstschutz oder autoritärer Reflex?

Der Ausschluss von Joachim Paul ist ein Warnsignal. Nicht nur, weil hier ein Kandidat nicht antreten darf – sondern weil staatliche Macht durch politische Akteure aktiv zur Wahlverhinderung eingesetzt wurde.

Wer politische Gegner aus dem Wettbewerb ausschließt, bevor die Bürger entscheiden konnten, riskiert, selbst demokratische Prinzipien zu unterlaufen – im Namen eben dieser Demokratie.

Der Fall Paul/Ebling muss zu einer grundsätzlichen Debatte führen:
Wie weit darf der Staat gehen, um sich zu schützen – und wo beginnt die politische Willkür?

Quellen:

  • Spiegel.de – AfD-Kandidat ausgeschlossen
  • Mannheimer Morgen – Entscheidungsbegründung des Wahlausschusses
  • Rheinpfalz – Reaktionen im Stadtrat Ludwigshafen
  • Innenministerium Rheinland-Pfalz – Eblings Erlass zur Verfassungstreue
  • Wikipedia – Joachim Paul (Politiker)

Kommentare:

Nicht umsonst beruft sich dieses Klientel ständig auf „Unsere Demokratie“. Hierzulande erleben wir aktuell Geschehnisse, wie man sie nur aus totalitären Staaten kennt. Und wer sich heute noch darüber freut, der kann morgen schon selbst betroffen sein! Die angeführten Punkte im sogenannten VS-Gutachten zeugen von wenig Substanz und offenbaren reine Willkür gegen den politischen Gegner, der Lösungen anbietet, und nicht nur Probleme schafft, wie es die zur Zeit Regierenden tun. Nicht die AfD ist eine Gefahr für Demokratie und Rechtsstaat, es sind die Politbonzen, die um ihre Macht fürchten. Gerlinde Seidel, 7. August 2025

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